Verhaltens- und Identitätsverschiebung
Auf bestimmte Weise sind Habits aus zweierlei Gründen Repräsentanten unserer Identität:
1. Sie zeigen ein Verhalten an,welches wir wiederholt ausführen und welches deshalb seinen Platz in unserem Leben hat.
2. Durch die Tendenz, sich auf einer weniger bewussten Ebene zu vollziehen, sind sie authentische Indikatoren unserer Identität.
Zu zweitens kann ich Ihnen die King of Queens Folge empfehlen, in der Doug und Carrie in einem Flugzeug sitzen. Beim Landen fällt aufgrund des Rucks eine Atemmaske herunter. Panisch greift Doug danach, stülpt sie sich hastig über und schnappt entsetzt nach Luft. Oh boy.
Die ganze Folge über ist Carrie von diesem Verhalten enttäuscht. Und tatsächlich ist da etwas Dummes passiert: Mit seiner Reaktion hat Doug gezeigt, dass er im Ernstfall zuerst an sich denken würde, auch auf Kosten anderer (eine Atemmaske). Dass er nicht besonnen vorgehen würde, sondern ängstlich und panisch. Doug hat sein Verhalten nicht bewusst ge- steuert, er konnte es nicht verhindern oder dämpfen. Carrie hat also einen sehr authentischen Einblick in Dougs Reaktionsmuster erhalten, ebenso wie vielleicht Doug selbst. Die Verhaltensweisen, über die wir keine oder wenig Kontrolle haben, sind aussagekräftig, ob es nun wie in diesem Fall um einen Reflex oder um Habits geht.
Habits sind also Indikatoren unserer Identität. Gleichzeitig haben sie Einfluss auf diese: Unser Verhalten und unsere Identität stehen in einer interessanten Wechselbeziehung zueinander, wie wir an zwei Beispielen betrachten:
1. Verhaltensänderung kann Identität verschieben:
2. Identitätsänderung kann Verhalten verschieben:
Unter Erstens kreiert eine Verhaltensänderung Momentum und wird zu einer Wesensänderung. Unter Zweitens kreiert eine Wesensänderung Momentum und wird zu einer Verhaltensänderung.
Bei genauerer Überlegung wird jedoch auffallen, dass sich wahrscheinlich in beiden Geschichten viele, kleinere Wesens- und Verhaltensänderungen aneinandergereiht haben, auch wenn der Anstoß der Gesamtentwicklung sich unterschied. Diese Coevolution von Identität und Verhalten wird in folgendem Schaubild dargestellt:
Bernd hat sich in beiden Geschichten von Verhalten/Identität A zu Ver- halten/Identität B entwickelt. Während dieses Prozesses verschob sein Ver- halten seine Identität und umgekehrt:
(Bernd will David Goggins sein)
Bernd trainiert.
Trainieren gehört etwas mehr zu Bernd.
Bernd trainiert wieder.
Trainieren gehört noch mehr zu Bernd.
Bernd trainiert und trainiert und trainiert.
Bernd ist jemand, der trainiert.
Wie James Clear in Atomic Habits betont, konzentrieren sich viele beim Implementieren von Habits nahezu vollständig darauf, ihr Verhalten zu ändern. Dies kann der Anfang sein, ist aber wenig erfolgsversprechend, wenn die Identität nicht "mitbewegt" wird.
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